Samstag, 7. November 2009

Maschinenschlosser aus Erkenschwick

Hier eine erste Geschichte, gut abgehangen vielleicht 2 Jahre alt, oder so. Enjoy.



Maschinenschlosser aus Erkenschwick

Er saß feingerippt doch glücklicherweise
behost in der Küche und mampfte mein
Mittagessen vom Vortag. Machte nichts, ich
kochte ja gern.
„Hi“, sagte ich und schlurfte zur Kaffeemaschine. Nach ein paar geübten Handgriffen war der Kaffee auf dem Weg und ich setzte mich dem Hungrigen gegenüber.
„Du bist Svenjas neuer Freund, hm?“
„Hmschml, lssche, hmschlmpf“, antwortete er.
„Wie bitte?“
„Isch bin mehr so der lässische Typ“.
Danach sprach eine Weile nur die Maschine. Was hätte man sagen sollen.
„Und was treibst du so?“ fragte ich nach einer Weile konziliant.
„Ih Te“, kam die Antwort. Er hatte nicht von seinen -meinen!- Nudeln aufgeblickt.
„Aha... Und was genau?“
„So Computer halt, nä?“, brummte es feindselig aus dem Spaghettitopf.
Zum Glück war der Kaffee fertig. Nicht unfroh ging ich hinüber und schenkte mir ein.
„Auch ein Täßchen schwarzes Gold, äh, Thorsten richtig?“, witzelte ich lahm.
Keine Antwort.
„Thorsten?“
„Thorben. Thor-ben. Nicht Thorsten, nä?“.
„Gut. Thorben. Kaffee?“
„Das ist doch Nervengift, nä!“

Thorben war kein Kaffeefreund, soviel war klar. Außerdem war er weder groß noch blond, passte also so gar nicht in Svenjas Beuteschema, die eher dem Typ „Langhaariger Zehnkämpfer aus Südschweden“ den Vorzug gab. Thorben verkörperte eher den „Arbeitslosen Maschinenschlosser aus Erkenschwick“. Und Svenja war auch nicht gerade eine „Discoqueen aus Mönchengladbach“, die, wie ich meinte, die rheinländische Arbeiterklasse für den Beischlaf bevorzugte.
Das ganze schien mir mehr als suspekt.
„Wie habt ihr zwei euch eigentlich kennengelernt?“
„Schwoof“.
„Wie bitte?“.
„Ja tanzen, nä!“.
Kurz sah ich Svenja shakend auf der Tanzfläche einer fiktiven Großraumdisco während sich der Sozialfall an ihrem Hinterteil rieb und sie glücklich betatschte. Um nicht die Fassung zu verlieren fragte ich: „In Tübingen?“
„Nä“. Geräuschvoll klapperte die Gabel auf den Grund des Topfes. Thorben war fertig mit essen. Er lehnte sich in seinen Stuhl und... starrte. Das wurde langsam unangenehm.
Plötzlich, vollkommen unerwartet: „Student, nä?“
„Was, ich? Ja, also, ich bin schon fe...“.
„War ja klar“.
Ich ließ alle Hoffnung fahren. Er war eine Abrißbirne.
Svenja rettete mich. Sie erschien in der Küche, und erscheinen ist in diesem Fall das richtige Wort denn sie trug einen pinken Frotteeschlafanzug mit weißem Getier darauf. Svenja ist kein schmächtiges Mädchen.
Sie machte Geräusche, die Mädchen von sich geben, wenn sie Entenküken sehe, hopste zu Thorben und ließ sich in seinen Schoß plumpsen. Der Schloßer schmatzte ihr meine handgemachte Tomatensoße um den Mund. Svenja quiekte noch ein wenig, dann fragte sie:
„Na Hase, hast du dich schön mit Bastilein unterhalten?“
Thorben brummelte etwas unverständliches in ihre Halsbeuge und Svenja kicherte enthemmt. Es war klar: Wo diese Liebe hinfiel wuchs kein Gras mehr.
Die beiden schmusten unbeholfen und selbstvergessen weiter und ich ergriff die Gelegenheit mich zurückzuziehen .
Als ich die Tür meines Zimmers fast erreicht hatte, hörte ich Thorbens ersten ganzen Satz:
„Komischer Vogel, dein Mitbewohner“.

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