Sonntag, 8. November 2009

Kein schöner Land(kreis) I


Freunde hatten mich gewarnt: Vor hässlichen Häusern, Menschen mit wenig Geschmack und einem Nachtleben, dass sich auf einen Club mit dem Namen einer Wundsalbe beschränkt, was ja erstmal eine nette Idee ist, aber auf die Dauer wohl auch zu wenig.
Ich bin dennoch hergezogen, einfach ins Graue hinein, wird schon nicht so schlimm werden, toi toi toi. Der Liebe und des sicheren, wenn auch übersichtlichen Gehaltes wegen.
Und während ich hier so sitze und dem bunten Treiben an einem verkaufsoffenen Sonntag zusehe, in das auch ich mich bald werfen darf, in meinem Kostüm als Tuchhändlerboy, dem freundlichen Superheld in Sakko und Oberhemd mit dem ins Gesicht gemeißelten Lächeln und dem Gemüt aus Stahl, an dem selbst die Wurstigkeiten der hiesigen Dummdreisten einfach abprallen, melden sich leise Zweifel.
Einer der Gründe dafür ist die Architektur.

Baulich gehört diese Stadt, die ich ab jetzt die „Perle am Neckar“ nennen will eindeutig zu den Verlierern des 2. Weltkriegs. Damals wurde hier alles schön mit der Brandbombe planiert und danach eilig wieder aufgebaut. Und ja, ich habe Verständnis, klar es musste schnell gehen, wir hatten ja nüscht.
Aber heute, 60 Jahre später, stellt sich mir doch eine Frage: Gabs keine anderen Farben außer Grau?
Nachdem das nötigste wieder aufgebaut war, machte man sich offensichtlich daran, die Bedürfnisse der Wirtschaftswunderkinder und der Wachstumsgesellschaft zu stillen.
Zu diesem Zweck, und um das ohnehin gelungene Stadtbild zu komplettieren, gab man dem Volk das, wonach es verlangte: Einkaufszentren.
Eines davon sieht aus als hätte der Architekt seine Kinder solange mit grauem Duplo spielen lassen, bis einer der kantigen Klumpen, die dabei unweigerlich herauskamen, statisch realisierbar war.
Dass andere ist ein Aluminium-Ufo vom Planeten Plaste-Konsumia.
Das Theater, der örtliche Musentempel, ist wieder von den Kindern des ersten Architekten mit dem Albert-Speer Gedächtnisbastelbogen im katholischen Kindergarten „designt“ worden. Freiwillig setzt da keine Muse ihren Fuß rein.
Etwa 150 Meter die Straße runter, steht übrigens ein Einkaufszentrum aus Aluminium mit Multiplex.
Da ist dann das Komödienhaus drin.

3 Kommentare:

  1. Ich kann das alles nur bestätigen! Treffend hättest du die "Perle Schwabens" nicht beschreiben können. Wenn irgendwo der Hund begraben ist, dann hier.

    AntwortenLöschen
  2. Dann sollte man aber aufpassen, dass der Hund nicht wieder ausgebuddelt wird. Das könnte einige Bewohner der "Perle am Neckar" ganz schön verunsichern.

    AntwortenLöschen
  3. Dann wäre hier was los! Dann gäbe es womöglich zum verkaufsoffenen Schlagersonntag noch Hunderennen oder ein "Event" ähnlicher Güteklasse obendrauf...

    AntwortenLöschen