Sonntag, 21. März 2010

Sex als Fun-Sportart

Ungefähr hundert Meter von meiner Haustür entfernt befindet sich ein Beate-Uhse Shop. Früher konnte man dort im Schaufenster Puppen in lustiger Unterwäsche und mehr oder weniger eindeutige Plakate mit wenig subtilen Sprüchen sehen („Besorg`s ihr einfach!“). Dazu gab's Spielzeug und Kopfbedeckungen mit Reißverschluss, es war jedem über zehn auf jeden Fall schnell klar: hier ist die Schmuddelecke.
Das konnte, wirtschaftlich gesehen, nicht mehr lange gut gehen. Die DVD-Umsätze brachen weg, denn Pornos gibt’s für lau im Internetz. Außerdem war diese ganze Peepshowkabinen-Kleenex-Irina-Palm Atmosphäre mit älteren Herren, die sich mit hochgeklapptem Kragen und dem Hut tief im Gesicht lüstern schnaufend die Filmauswahl beschauten und Strap-on-Grabbeltischen (Umschnallpimmel) antiquiert und auch ein bisschen eklig.
Ganz klar: ein anderes Image muss her. Raus aus der Schmuddelecke, rein in die Mitte der Gesellschaft.
Seit neuestem ist die Löcherwäsche aus dem Schaufenster verschwunden, keine beinahe kopulierenden Paare mehr auf den Großplakaten, auch die überdimensionierten Penetrationshilfen sind passé. Statt dessen (und ich muss sagen, ich finde die Idee schon irgendwie super) gibt es Sex als Fitnessprogramm.
Gut gelaunte, saubere Menschen in so etwas wie Tennisklamotten (sehr kurz und sehr weiß) strahlen gut ausgeleuchtet in die Fußgängerzone. Einmal springt ein Mädchen gut gelaunt, wie auf einem Cover von Fit-for-Fun vor weißem Hintergrund, ein anderes Mal zwinkert sie verschwörerisch über die Schulter aus dem Bild, dass sie auf dem Weg ins – natürlich weiß gekachelte - Badezimmer zeigt. Am meisten hat es mir das Gruppenbild angetan: Ein fröhlicher Dreier (Pfui! Schämt euch!) aus zwei Mädchen und einem Bub, vertieft in eine (so wie die aussehen) völlig unverfängliche Unterhaltung, über Spieltechniken oder Bodenbeläge vielleicht.
Erst bei genauerer Betrachtung fällt auf: Was macht der pinke Dildo auf dem Waschbeckenrand? Moment, die Blonde hält ja gar keinen Hockeyschläger, das ist ein Penis-Imitat!
Auf einmal erschließt sich auch die verwuschelte Frisur der brünetten Zwinkerfrau: Die kommt gerade aus dem Bett. Frisch gef...t in den Tag! Muschi am Morgen, vertreibt Kummer und Sorgen! Ein ordentliches Workout bringt Power für den Job!
Auch das Gespräch der Gruppe erhält eine andere Qualität:

Blondie: „Thomas, Susanne, gut das ich euch treffe! Seht mal, ich hab mir gerade den Penetrator Supreme von Dick Industries gekauft! Jetzt mit noch besserer Passform und stufenlos regelbarer Vibra-Power!

Susanne: „Wow, wie stylish!“

Thomas (augenzwinkernd): „Und fast so groß wie, du weißt schon...“

Susanne und Blondie (lachend): „Haha, ach, Thomas, du alter Schwerenöter!“

Susanne: „Dieses coole Toy muss ich auch haben! Komm Thomas, wir gehen gleich zu Beate Uhse! Das ist bestimmt auch gut für`n Popo!“


Sex ist jetzt also Fun-Sport mit Wellnesselementen. Man macht es zum Entspannen, wenn man abnehmen will, zum Bodyforming (je nach Stellung), you name it.
Finde ich eine wirklich gute Idee.
Sex ist nicht nur billiger als das Fitnessstudio, es ist auch eine Sportart, für die die allerwenigsten einen Personal Trainer brauchen, oder einen Trainingsplan, geschweige denn einen Ernährungsberater (eiweißreiche Kost).
Weiterhin macht es wirklich jedem Spaß und wenn die Hürde des Kennenlernens und sich gegenseitig Schönfindens endlich wegfällt (man macht schließlich – ganz unschuldig – nur Sport miteinander) gibt es bald auch für die Hässlichen und Verklemmten keine Entschuldigung mehr für Übergewicht. Das freut auch die Krankenkassen, alle sind fit und entspannt, die Kosten für das Gesundheitswesen fallen rapide, was übrig bleibt benutzen wir um Schulden abzubauen und die Wirtschaft zu fördern und bald ist ganz Deutschland wieder in Lohn und Brot, denn allein die kautschukverarbeitende Industrie schafft jährlich tausende Stellen. Ganz zu schweigen von Beate Uhse. Jubelnde Ex-Arcandors errichten ihr eine Statue auf dem Hamburger Marktplatz.
Sex wird Breitensport und auch die Zusammengehörigkeit in der Gesellschaft wird verbessert, denn Vereine schießen wie Pilze aus dem Boden (wir suchen noch standfeste Männer über 20, für unsere Herrenmannschaft). SV Werder-Bremen wird zum SVC, Sport- und Vögelclub. Die Ficker von der Weser, wird der Sportmoderator sagen.
Neue, auch für das Fernsehen interessante Sportarten, wie Synchronshagging (mit Haltungsnoten) oder Mannschaftsverfolgungsvögeln, entstehen, vom beliebten Vöglerball ganz zu schweigen.
Amerikanische Frauenzeitschriften schreiben begeistert: Die Deutschen sind durchtrainiert und gut im Bett.
Selbst die Politik wird beeinflusst, Sex ist Völkerverständigung. Wenn Frau Merkel und Herr Sarkozy den Staatsakt hinter sich gebracht haben, lässt sich die gemeinsame Wirtschaftspolitik hinterher doch auf einer ganz anderen Ebene besprechen. Europa, ach was, die ganze Welt, wächst zusammen.
Weltfrieden durch freie Liebe.

Gut ein paar kleine Probleme gäbe es schon zu bewältigen, die katholische Kirche zum Beispiel, oder den Islam und jeden anderen Sittenwächter, der sich bornierterweise gegen den neuen und so wichtigen Trendsport aussprechen wird.
Das menschliche Besitzdenken, das für Eifersucht und somit durchaus häßliche Szenen sorgen könnte, muss auch überwunden werden. Ich denke, da hilft einfach, darauf hin zu weisen, dass der kleinliche Zornnickel doch kein Spielverderber sein solle, es ist doch nur Sport.
Alles in allem dürfte es relativ einfach werden.

Also:

Gründet Vereine, sucht euch Gleichgesinnte, vögelt was das Zeug hält, es geht um das Überleben der Menschheit und eine bessere Welt für eure Kinder!
Wenn ihr auf meiner Seite seid, dann schickt einen Brief an euren Bundestagsabgeordneten mit diesem Text, von euch unterschrieben. Vielleicht wird das ganze so ja auch ganz schnell in die Verfassung aufgenommen. Das Recht zum freien Vögeln.

Eine weitere Kopie schickt ihr nach Stockholm.
Betreff: Friedensnobelpreis für Beate Uhse.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen